Hannover. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betont im Landtag notgedrungen die Stärken des VW-Konzepts. Die Kritik an Müller wächst.

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Den Unmut auch in der Landesregierung über immer neue Kommunikations-Pannen bei VW zu artikulieren, das überließ Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) am Dienstag in einer Landtagsdebatte zur Lage bei VW anderen.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel warf Teilen der VW-Spitze Arroganz vor, die sie wütend mache. „Es waren nicht die Kolleginnen und Kollegen in den Werkshallen, die diese Manipulationen zu verantworten hatten“, rief die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder. Die Beschimpfung der Kunden sei eine schlimme Entgleisung, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Björn Thümler. VW-Chef Matthias Müller hatte in einem Interview erklärt, es mangele in der Elektromobilität nicht an Angeboten, sondern an der Nachfrage. Den Kunden hatte Porsche-Fahrer Müller eine Art Doppelmoral vorgeworfen: Man rede „grün“, habe aber bei der E-Mobilität „spitze Finger“. „Eine Frechheit“ nannte solche Aussagen Piel.

„Wenn man den Kunden betrügt und beschimpft, dann muss man den Vorstand in die Wüste schicken.“
„Wenn man den Kunden betrügt und beschimpft, dann muss man den Vorstand in die Wüste schicken.“ © Jörg Bode (FPD), ehemaliger Wirtschaftsminister Niedersachsens

Weil bemühte sich vor allem darum, den „Zukunftspakt“ von VW in seiner Bedeutung für Niedersachsen einzuordnen. Dem Land gehe es um eine klare Zukunftsperspektive für alle niedersächsischen VW-Standorte, so Weil. Und die zeichnete Weil eher optimistisch. „Damit bietet sich die Chance in der Region Braunschweig ein regionales Cluster für Elektromobilität und IT zu etablieren“, betonte Weil. So würden sich die Werke in Braunschweig und Salzgitter künftig auf zukunftsfähige und profitable Module konzentrieren. „Braunschweig wird das Leitwerk für Fahrwerke, Lenkungen und Batteriesysteme. Salzgitter wird gemeinsam mit Kassel verantwortlich für den Elektromotor“, erklärte Weil. In Braunschweig werde die erste Generation von Batterien für den modularen Elektro-Baukasten gefertigt, in Salzgitter sei der Probebetrieb für eine künftige Batteriezellproduktion vorgesehen. Wolfsburg werde das Zentrum für Elektromobilität für die gesamte Marke. Dort werde sich auch das IT-Zentrum von Volkswagen befinden.

Der Abbau von im Saldo etwa 10 000 Jobs in Niedersachsen, knapp zehn Prozent der aktuellen VW-Arbeitsplätze im Land, sei eine „sehr bittere Pille“‘ räumte Weil aber ein. Bis zu 17 500 Stellen könnten in den nächsten vier Jahren von einem Abbau betroffen sein, dem stünde aber ein Aufbau von bis zu 7500 Stellen entgegen. CDU-Fraktionschef Björn Thümler warnte ausdrücklich davor, die Risiken der Wende zur Elektromobilität und die Gefahr von Arbeitsplatzverlusten zu unterschätzen. Er forderte, bei der Wende zur Elektromobilität viel stärker auf Übergangstechnologien zu setzen.

Regierungschef Weil forderte VW auf, in der Diesel-Affäre weiter aufzuklären. Über Jahre hinweg habe VW beim Umgang mit Abgaswerten schwere Fehler gemacht, sagte Weil im Parlament. Er forderte in der aktuellen Lage Verzicht auch von der VW-Führungsetage. „Wenn alles auf den Prüfstand gestellt wird, gilt das auch für alle Teile des Unternehmens, etwa auch für die künftige Vorstandsvergütung“, betonte er.

Rücksichten auf die Befindlichkeit von Top-Managern muss der FDP-Politiker Jörg Bode, anders als Weil, nicht mehr nehmen. „Wenn man den Kunden betrügt und den Kunden beschimpft, dann muss man nicht 5000 Leiharbeiter feuern, sondern den Vorstand in die Wüste schicken“, sagte der frühere niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat im Landtag. Von Wüste aber will Weil nichts wissen, auch wenn es mit blühenden Landschaften vielleicht doch schwierig wird.